Führung zwischen Vertrauensverlust und Loyalitätskrise

Die emotionale Bindung von Mitarbeitenden sinkt drastisch, während die Wechselbereitschaft steigt. Wie Unternehmen gegensteuern können, zeigt der Gallup Engagement Index Deutschland 2024.
Die emotionale Bindung von Mitarbeitenden an ihre Unternehmen ist auf einem historischen Tiefstand: 78 Prozent der deutschen Beschäftigten machen nur noch Dienst nach Vorschrift. Lediglich 9 Prozent sind emotional hoch gebunden, während die Zahl der inneren Kündigungen von 19 auf 13 Prozent gesunken ist.
Hohe emotionale Bindung zahlt sich aus
Mitarbeitende mit starker emotionaler Bindung fehlen im Schnitt 2,9 Tage weniger pro Jahr, was Unternehmen erhebliche Kosten spart. Zudem sind sie loyaler und engagierter.
Wechselbereitschaft auf Rekordhoch
Nur noch 50 Prozent der Beschäftigten sehen sich in einem Jahr noch beim aktuellen Arbeitgeber. Langfristig sieht es noch düsterer aus: Nur 34 Prozent wollen in drei Jahren bleiben. Besonders alarmierend: 63 Prozent der inneren Kündiger sind aktiv auf Jobsuche oder halten Ausschau nach neuen Möglichkeiten.
Headhunter im Dauereinsatz
Noch nie wurden so viele Beschäftigte von Headhuntern kontaktiert – aktuell sind es 33 Prozent. Unternehmen stehen unter massivem Druck, Talente zu halten und neue zu gewinnen.
Vertrauenskrise in Unternehmen und Führung
Das Vertrauen in die finanzielle Zukunft des Arbeitgebers liegt auf einem Tiefpunkt: Nur 34 Prozent sind zuversichtlich. Auch das Vertrauen in Führungskräfte bricht ein – nur 21 Prozent vertrauen ihrer Führungskraft uneingeschränkt, und die Zufriedenheit mit ihnen liegt bei nur noch 16 Prozent.
Kundenfokus: Emotional Gebundene als Markenbotschafter
60 Prozent der emotional hoch gebundenen Mitarbeitenden würden die Produkte ihres Unternehmens weiterempfehlen. Im Vergleich dazu tun dies nur 37 Prozent der neutralen und lediglich 10 Prozent der innerlich gekündigten Beschäftigten.
Homeoffice: Effizienz vs. Isolation
80 Prozent der Hybrid- und Remote-Beschäftigten arbeiten genauso gut oder besser als im Büro. Dennoch vermissen 39 Prozent den informellen Austausch, um Verbesserungen voranzutreiben.
Stärkenorientierung fördert Bindung
Unternehmen setzen zunehmend auf die individuellen Stärken ihrer Mitarbeitenden: 34 Prozent hatten in den letzten drei Monaten ein Gespräch zu ihren Stärken – ein positiver Trend, denn stärkenorientierte Mitarbeitende sind achtmal häufiger emotional gebunden.
Fazit: Führung muss mehr sein als Schadensbegrenzung
Unternehmen haben es zwar geschafft, die Zahl der inneren Kündigungen zu senken, doch es fehlt an gezielten Maßnahmen zur Stärkung der emotionalen Bindung. Führungskräfte müssen Mitarbeitende aktiv einbinden, inspirieren und wertschätzen – denn nur dann tragen sie motiviert zum Unternehmenserfolg bei.
Anhand von zwölf Fragen erstellt das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Gallup jährlich den Engagement Index für Deutschland. Für die jüngste Untersuchung wurden zwischen dem 18. November und 20. Dezember 2024 insgesamt 1.700 zufällig ausgewählte Arbeitnehmende ab 18 Jahren telefonisch interviewt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die Arbeitnehmerschaft in Deutschland ab 18 Jahre.